Eine diagnostizierte Demenzerkrankung macht Angst. Schleichend verändert sich der Mensch. Das ist sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen eine große Belastung. Heilung ist leider noch nicht in Sicht, trotzdem gibt es heute gute Möglichkeiten, den erkrankten Menschen ein würdevolles und angenehmes Leben zu ermöglichen.
Welcher Unterschied besteht beim Umgang mit demenziell Erkrankten zur herkömmlichen Pflege?
Dr. Claudia Zemlin: Die Pflege an Demenz erkrankter Menschen ist eine besondere Herausforderung. Auf der einen Seite haben Menschen mit Demenz die gleichen Bedürfnisse wie jeder andere Bewohner auch. Sie wollen sich ernst genommen und zu anderen Menschen bzw. Gruppen zugehörig fühlen. Auf der anderen Seite erzeugt die Erkrankung starke Ängste vor Kontrollverlust, Hilflosigkeit und Abhängigkeit. Viele von ihnen fühlen sich ausgeschlossen. Sie ziehen sich zurück oder nehmen eine Abwehrhaltung ein, weil sie die Welt nicht mehr verstehen. Deshalb steht bei Vitanas die Persönlichkeit der Betroffenen und nicht die Erkrankung selbst im Vordergrund. Dafür müssen wir möglichst viel über deren Leben herausfinden, Vertrauen gewinnen und ihnen mit Geduld und Verständnis begegnen.
Wie gestaltet sich dieses Demenzkonzept konkret?
Dr. Claudia Zemlin: Um Menschen mit Demenz individuell und ihrer Biografie gemäß zu begleiten, braucht es neben dem geschulten Sachverstand vor allem sehr motivierte Mitarbeiter. Nur so schaffen wir es, den betroffenen Menschen sowie seine Angehörigen – und nicht die Krankheit! – in den Mittelpunkt unseres Wirkens zu stellen. Deshalb hat ein Expertenteam für Vitanas ein Modell zur Pflege demenziell erkrankter Menschen entwickelt. Es basiert auf dem personenzentrierten Ansatz des englischen Sozialpsychologen Tom Kitwood. Basierend darauf wurde ein Beobachtungs- und Evaluationsverfahren, das Dementia Care Mapping (DCM) entwickelt, das Aussagen über Lebensqualität und Wohlbefinden des Erkrankten ermöglicht. Hinzukommend hat das Vitanas Demenzkonzept das psychobiografische Pflegemodell von Prof. Böhm aufgenommen, welches die Biografie des Betroffenen in den Mittelpunkt der Pflege rückt und prägende Lebensphasen, Gewohnheiten und Vorlieben des Erkrankten berücksichtigt. Wer diese Welt verstehen will, macht einen Schritt in die Vergangenheit und spielt einfach mit, indem er sich beispielsweise nicht scheut, eine ehemalige Führungskraft mit „Chef“ oder „Chefin“ anzusprechen.
Wie kann man sich einen Tag auf einem speziellen Wohnbereich für Demenz bei Vitanas vorstellen?
Dr. Claudia Zemlin: Ein rigider Tagesablauf, wie sonst üblich, verunsichert nur. Viel besser ist es, den Betroffenen wieder mehr Selbstbestimmungsrecht zu geben. Dafür aber sollte man ein Milieu schaffen, in dem sie sich zu Hause fühlen. Vieles hier erinnert die Bewohner ‚an früher‘ und gibt ihnen dieses Zuhause-Gefühl. Beispielsweise servieren wir das Mittagsessen in Schüsseln, so kann sich jeder nach seinem Geschmack das Essen, wenn motorisch noch möglich, selbst auf den Teller machen. Oberstes Ziel ist eine hohe Lebensqualität. Das schließt vor allem den Begriff des Wohlbefindens mit ein. Dazu gehören Wertschätzung, sinnvolle Tätigkeiten, Teil einer Gruppe zu sein und dass für alles gesorgt ist und man der Umwelt und den Beziehungen trauen kann. Wir setzen auf das Prinzip des „normalen Wohnens“. Eine weitestgehend der Normalität entsprechende Umgebung hilft, dass sich der Mensch trotz Demenz alltäglichen Verrichtungen entsprechend seiner Fähigkeiten zuwenden kann. Die jeweilige Biografie der Bewohner ist Dreh- und Angelpunkt des Tagesprogramms. Eine ehemalige Sekretärin bekommt auf Wunsch eine Schreibmaschine, oder der frühere Handwerker sein geliebtes Werkzeug. Dafür müssen wir möglichst viel über deren Leben herausfinden: Zuhören und fragen, aber niemals überfordern. Das Ziel ist, so lange wie möglich normal zu leben.
Was kann Vitanas mit seinem Betreuungskonzept erreichen?
Dr. Claudia Zemlin: Der Erhalt des Selbstwertgefühls ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Selbst Bewohner, deren Erkrankung schon sehr weit fortgeschritten ist, holen wir so ins Leben zurück. Ihnen geht es durch die ganzheitliche und individuelle Pflege sichtlich gut. Sie sind ausgeglichener, knüpfen leichter Kontakt und fühlen sich eher zu Hause. Wichtig ist dabei auch die Begleitung durch Angehörige. Durch die einfachen Dinge des Alltags wie gemeinsames Kaffeekochen hat man wieder mehr Spaß am Leben und die Seele wird lebendig gehalten.
Kontakt und Informationen:
Ansprechpartnerin: Dr. Claudia Zemlin, Leiterin Fachbereich Demenzielle Erkrankungen
Vitanas GmbH & Co. KGaA
Aroser Allee 68 | 13407 Berlin
Telefon: (030) 456 05 - 315 | E-Mail: c.zemlin@vitanas.de | www.vitanas.de